Die Gedanken sind frei – so heißt es. Ich weiß ja, wie es
gemeint ist und will dennoch anmerken, dass mir scheint, sie können mit Freiheit
ähnlich wenig anfangen, wie wir Menschen. Die Fesseln der Gewohnheit sind ihnen
lieb geworden, die legen sie nicht einfach ab. Beobachte ich meine Gedanken im
Geheimen, lass sie frei und ohne Kontrolle, dann sehe ich, wie sie sich flink am
nächsten Stammtisch versammeln mit stets denselben Themen. Probleme nennen sie
sie und bauen damit ganze Paläste. Das Fundament bildet die allgegenwärtige
Angst. Wände, Fenster und Türen bestehen aus Sorgen, Zweifel, Ärger und Wut,
das Dach bildet sich aus Schuldzuweisung. Meine, ach so "freien", Gedanken bauen so lange, bis
mein Kopf dröhnt und ich mich beschwert durch den Tag schiebe.
Will ich das? Mitnichten!
Ich werde aufmerksamer und halte meine Gedanken an der kurzen Leine.
Selbstverständlich sind sie gewitzt und entfleuchen mir immer wieder einmal,
wenn ich mich zu sehr auf die Welt fokussiere oder ich zu müde bin. Häufiger
jedoch habe ich sie unter Kontrolle und werde so Herrscherin über meinen Kopf.
Ich puste frischen Wind in das Problemgebäude, lache das graue Fundament weg.
Die Gedanken werden leichter, mein Kopf und ich auch. So kommt es, dass meine
Mundwinkel langsam wieder nach oben ziehen und ich meine angeborene
Fröhlichkeit freischalten kann.
Das Wundervolle an diesem leichten Sein ist für
mich, dass es sich ausbreitet und somit anderen Menschen ebenfalls Flügel
wachsen lässt oder zumindest für einen Augenblick ein Lächeln ins Innere
sendet. Ich sehe: Friede und Freude sind genauso ansteckend wie es vorher Angst
und Wut waren.
So will ich nach und nach gesunden und damit meine Welt
infizieren.